Dua Lipa – warum ihre Songs immer sofort durchstarten

Manchmal läuft ein neuer Song im Radio – und du denkst: „Moment, kenne ich doch!“ – So geht es vielen älteren Musikfans, wenn sie Dua Lipas Megahits hören. Kein Zufall: Die britische Pop-Ikone spielt virtuos mit Sounds vergangener Jahrzehnte, greift alte Melodien und Hooks auf und verwandelt sie in modernen Pop-Goldstaub. Was hältst du davon?
Dua Lipa gehört zu den Popstars, die ihre Musik aktiv mitgestalten. Sie schreibt an fast allen Songs selbst mit und ist auch an den kreativen Produktionsentscheidungen beteiligt – von Text und Melodie bis hin zum charakteristischen Retro-Sound.
Dass sie sich bei vergangenen Hits bedient, ist ja eigentlich nicht so schlimm, weil etwas wirklich Neues, Zeitgemäßes dabei entsteht, allerdings wäre hier mehr Transparenz schon wünschenswert.
Nostalgie trifft Zeitgeist
Was Dua Lipa so clever macht, ist zum einen das Spiel mit der Erinnerung: Ihre Songs klingen modern – haben aber fast immer ein Element, das unbewusst in unserer „inneren Musiksammlung“ gespeichert ist.
Das kann ein Sample sein, eine Basslinie aus den 80ern, eine Hook aus einem 30er-Jahre-Song oder einfach ein vertrauter Groove, den man schon mal irgendwo gehört hat.
Diese bekannten Klänge aktivieren unser Belohnungssystem. Wir hören etwas Neues, das sich gleichzeitig „richtig“ und „vertraut“ anfühlt. Aber schauen wir uns vor einer weiteren Analyse vorab die Sängerin und ihren Werdegang noch mal genauer an.
Wer ist Dua Lipa? – Karriere und Persönlichkeit
Zunächst ist Dua Lipa tatsächlich kein Künstlername, was wohl jeder vermuten würde. Es ist ihr Geburtsname und Lipa ist ihr ganz normaler Nachname. „Dua“ bedeutet „Liebe“ oder „Ich liebe“.
Sie wurde am 22. August 1995 in London geboren und ist kosovo-albanischer Abstammung. Die Eltern, Anesa und Dukagjin Lipa, flohen 1992 vor dem Bosnienkrieg nach Großbritannien. Ihr Vater war Leadsänger der kosovarischen Rockband Oda und prägte Duas frühe Musikalität.
Mit fünf Jahren begann sie zu singen, spielte Cello und besuchte die Sylvia Young Theatre School. Nach einem Umzug nach Pristina 2008 kehrte sie mit 15 Jahren allein nach London zurück, um ihre Musikkarriere voranzutreiben.
Dua Lipa startete ihre Karriere mit Coverversionen auf YouTube und SoundCloud! Und ja, kein Wunder, dass sie heute für ihre Songs gerne auf bekannte Hits von früher zurückgreift.
2015 unterschrieb sie dann bei Warner Music und veröffentlichte 2017 ihr Debütalbum, das Hits wie „New Rules“ und „Be the One“ enthielt.
Ihr zweites Album „Future Nostalgia“ (2020) katapultierte sie an die Spitze der Popwelt mit Songs wie „Don’t Start Now“ und „Levitating“.
Die attraktive Sängerin ist bekannt für ihre Authentizität. Sie setzt sich für Frauenrechte, LGBTQ+-Rechte und soziale Gerechtigkeit ein. Ihre Musik und ihr selbstsicheres, fast arrogant wirkendes Auftreten spiegeln dies wider.
Song-Analysen: Wo Dua Lipa Bewährtes neu erfindet
1. Love Again (2020) – Ein 30er-Jahre-Hit im Disco-Gewand
Der melancholische Trompeten-Hook von Love Again stammt ursprünglich aus My Woman (1932) von Al Bowlly – einem alten Swing-Song, der später von White Town in Your Woman (1997) wiederverwendet wurde.
Dua Lipa oder ihre Kollegen nehmen genau dieses Sample und setzen es in einen tanzbaren 2020er-Beat um. So entsteht eine Brücke zwischen drei Epochen – 30er, 90er und Gegenwart.
Der Effekt? Vintage-Gefühl mit Hochglanz-Produktion – für viele Musikfans absolut unwiderstehlich.
2. Break My Heart (2020) – 80er-Groove, moderne Unsicherheit
Hier hat man sofort INXS im Ohr – genauer: Need You Tonight (1987). Die Melodie ist so ähnlich, dass man es wirklich nicht abstreiten könnte und INXS sogar offiziell als Mitautor genannt werden.
Doch Lipa macht aus dem lasziven 80er-Flirtsong einen über emotionale Verletzlichkeit und mixt sehr moderne Soundelemente dazu. Der Bass ist funky, der Beat minimalistisch – typisch 80er, aber der Song klingt gegenwärtiger, punchiger und klarer definiert.
3. Cold Heart (PNAU Remix, 2021) – Elton John goes Electro
Vier alte Elton-John-Songs verschmelzen hier zu einem tanzbaren Deep-House-Hit. Rocket Man, Sacrifice, Kiss the Bride und Where’s the Shoorah? tauchen in Fragmenten auf, verflochten mit Dua Lipas Stimme. Das australische Produzentenduo PNAU hat alte Gesangsspuren genommen und daraus ein Remix-Universum gebaut, das nostalgisch und futuristisch zugleich klingt.
Das ist natürlich kein simples Cover – sondern ein musikalisches Zeitreiseprojekt, bei dem Dua Lipa die Brücke zwischen den Generationen ist. Aber genau das ist typisch für ihren Stil.
4. Physical (2020) – 80er Aerobic mit Power
Der Songtitel ist natürlich selbst schon eine Anspielung auf Olivia Newton-Johns Physical von 1981. Aber statt sanftem Aerobic-Pop gibt’s bei Dua Lipa Synth-Power pur: treibender Beat, dominanter Refrain, 80er-Flair mit 2020er-Attitüde. „Let’s get physical“ wird hier nicht kokett umgesetzt, sondern kämpferisch.
! Inspiration bedeutet nicht automatisch Nachahmung – manchmal reicht ein Titel oder ein Vibe, um eine ganze Ära wieder lebendig zu machen! Damit ist auch den alten Hits wieder geholfen, denn viele hören sich dann gerne auch das Vorbild oder Original noch mal an.
5. Hallucinate (2020) – 90er-Rave auf Popniveau
Ein Song, der wie eine Hommage an die frühen 90er klingt: House, Eurodance, Vocal-Loops.
Die Struktur erinnert an Tracks von Madonna oder Black Box – aber mit modernem Sounddesign. Es ist Musik für die heutige Tanzfläche, die trotzdem radiotauglich bleibt.
Was man von dieser Song-Strategie lernen kann
Für ein wenig ältere Musikfans ist Dua Lipa Nostalgie pur, für die Jüngeren eine geniale Dance-Floor-Hits-Produzentin. Für Songwriter ist sie ein Paradebeispiel dafür, wie man musikalische DNA weiterentwickeln kann:
- Inspiration darf offensichtlich sein, wenn sie kreativ umgesetzt wird.
- Alte Melodien zu verwenden, ist kein Rückschritt – sie sind einfach bewährtes Material für Neues.
- Am Ende zählt der eigene Kontext: Text, Sounddesign, Zeitgeist, Attitude und Ausdruck der Musiker.
Dua Lipa und ihre Co-Songwriter sind richtige Song-Architekten. Sie verbinden galant Vergangenheit und Gegenwart, Swing und Synth, Disco, Funk und Deep-House und verschmelzen es zu etwas Neuem.
Und klar ist: In ihren Song stecken noch viel mehr Elemente alter Hits, als bislang bekannt ist. Was ist deine Meinung dazu? Schreibe gerne einen Kommentar dazu.
Zwischen Hommage und Urheberrecht: Wenn Retro zum Risiko wird
Dua Lipas Liebe zu alten Sounds bringt ihr aber nicht nur Chart-Erfolge, sondern auch juristische Aufmerksamkeit. Der Hit Levitating war gleich mehrfach Gegenstand von Urheberrechtsklagen – doch bisher hat sie alle Verfahren gewonnen.
„Die behaupteten Ähnlichkeiten sind zu allgemein, um urheberrechtlich schutzfähig zu sein“,
entschied Richterin Katherine Polk Failla im März 2025 (U.S. District Court, Southern District of New York).
Zuvor hatte bereits ein anderes Gericht festgestellt, dass das Songwriting-Team um Lipa keine „direkte Kopie“ vorgenommen habe, sondern sich innerhalb der üblichen Stilmittel moderner Popmusik bewege.
Die Fälle zeigen, wie schmal der Grat zwischen Inspiration und Urheberrechtsverletzung sein kann – besonders, wenn man bewusst mit musikalischer Nostalgie spielt.
Dass Dua Lipa ihre Prozesse gewann, ist für viele Songwriter eine gute Nachricht:
Ein Stil oder Gefühl lässt sich nicht patentieren – nur die konkrete Komposition.
Retro darf also bleiben – solange man dem Ganzen am Ende eine eigene Note verleiht.
Inspiration oder Plagiat? – Tipps für Musiker
Alte Songs sind eine riesige Schatzkammer – Gitarren-Riffs, Basslines, Hooks, Akkordfolgen.
Aber wo endet die Inspiration, und wo beginnt der rechtlich heikle Bereich?
Gerade im Pop, wo vieles auf bekannten Mustern basiert, ist die Grenze fließend.
Praxis-Tipps:
- Akkorde & Rhythmen: frei nutzbar; prägnante Melodien oder Hooks eher vorsichtig verwenden.
- Sampling: Nur mit Genehmigung; auch kleine Ausschnitte können problematisch sein.
- Interpolation: Melodien neu einspielen, leicht verändern, Originalautoren nennen – clever & legal!
- Eigene Note: Tempo, Harmonie, Arrangement, Text – alles, was neu erzählt wird, zählt.
- Dokumentation: Ideen-Logs oder Produktionsnotizen können im Streitfall helfen.
Stimme, Stil und Attitude – Warum Dua Lipa mehr ist als eine Retro-Ikone
Dua Lipa klingt sehr einzigartig im gegenwärtigen Pop-Dschungel. Die Stimme angenehm dunkel, warm und klar – mit einer leicht rauchigen Tiefe. Das gibt ihren Songs einen coolen, geerdeten Unterton – egal ob sie von Herzschmerz, Selbstbewusstsein oder Tanzflächenrausch singt.
Bei ihr bekommt man keinen überproduzierten Zuckerguss, sondern eine Stimme mit Charakter – sehr unaufgeregt und souverän. Selbst in den Disco-triefenden Beats von Future Nostalgia bleibt sie fast stoisch-gelassen. Sie verkörpert einen neuen Frauentyp mit kühler Eleganz, zwar sehr sexy und oft auch gerne verrucht, aber niemals unemanzipiert und anbiedernd.
Ach – und wenn es Dua Lipa nicht schon länger gäbe, könnte man fast meinen sie und ihre Musik wären ki-generiert. Sie selbst ist die perfekte, schöne, grazile Pop-Diva, ihre Musik perfekt zeitgemäß durchgestylt. Alles zu perfekt um echt zu sein, oder?
Musikerwissen: Was sind Samples – und wie funktionieren sie?