Alligatoah – hochintelligent, hochmusikalisch und verstörend


Alligatoah ist so viel mehr als ein deutscher Sänger/Songwriter/Texter: Er ist Performancekünstler, singender Kabarettist, Regisseur und „hauptberuflich Provokateur“.

Alligatoah – Rap, Satire und Alter Egos

Als er mit seinen Song „Willst Du…“ im Jahr 2013 in den Charts landete, schien Deutschland gar nicht bereit zu sein für einen solchen Künstler. Viel zu bissig, wortgewandt, exaltiert, ironisch waren seine Texte. Doch dank seiner wohlklingenden, facettenreichen Stimme und den eingängigen Melodien erreichte er schnell die Massen.

Naheliegend zu vermuten, dass nicht alle Fans seine Texte wirklich verstehen, sondern nur gerne mitsingen, weil einige Songs einfach Ohrwürmer sind. Besonders das Anti-Influencerlied „Du bist schön, aber dafür kannst du nichts“ von 2015 wurde auf Instagram besonders von Beauty-Influencern rauf- und runtergespielt. Die meisten kapierten offensichtlich die Aussage nicht.

Sein zweiter Megahit „Willst du mit mir Drogen nehmen“ ist ein richtiger Antidrogensong, der aufzeigt, wie schnell man in Versuchung gerät, für andere, also um zu gefallen oder einen Gefallen zu tun, mit Drogen zu experimentieren. Auch hier steht die fröhliche Tanzmucke mit dem eingängigen Refrain im krassen Kontrast zum eher aufwühlenden Inhalt.

In jedem Fall sind solche Songs für die deutsche Musikszene absolut unüblich und man würde sie eher im Comedy- und Kabarett-Bereich suchen. Da Alligatoah aber halt wirklich auch ein begnadeter Sänger und Musiker ist, hält er sich nicht im Genre Kabaratt auf, sondern will die Bühne rocken und das in immer wieder anderen Stilrichtungen, was ebenfalls recht verwirrend ist, möchte man doch hierzulande gerne Schubladen haben.

Der exaltierte Schauspieler am Rap-Mikrofon

Alligatoah ist in der deutschen Musikszene ein Einzelgänger – nicht im Sinne von „einsam“, sondern im Sinne von „es gibt keinen Zweiten wie ihn“. Er verbindet Rap, Gesang, Theater und Film zu einem eigenen Bühnenuniversum.

Während viele Rapper Authentizität als oberstes Ziel sehen, lebt Alligatoah bewusst gespielte Kunstfiguren aus. Seine beiden Alter Egos Kaliba 69 und DJ Deagle waren anfangs nicht nur ein Stilmittel, sondern ein kreativer Rahmen, in dem er Rollen spielen und Dialoge inszenieren konnte – wie ein Theaterstück in Albumform.

Er balanciert zwischen schwarzem Humor, emotionalen Momenten und absurden Übertreibungen. Dabei legt er Wert auf erzählerische Strukturen: Er baut Szenen auf, schafft Figuren und Dialoge – etwas, das in der deutschen Raplandschaft selten ist.

Werdegang von Alligatoah

Lukas Strobel alias Alligatoah, wurde am 28. September 1989 in Langen geboren und wuchs im niedersächsischen Neuenwalde auf. Als Sohn einer Tänzerin und eines Schauspielers entdeckte er früh seine kreative Ader – zunächst beim Filmemachen, später in der Musik.

Gitarrenunterricht, selbstproduzierte Musikvideos und eine Vorliebe für Nu Metal, deutschen Battlerap und Liedermacher prägten seinen Weg.

„Ich habe Angst vor der Genialität dieses Mannes.“ (Youtube-Kommentar)

Mit 16 Jahren gründete Strobel die fiktive Hip-Hop-Gruppe Alligatoah, bestehend aus sich selbst: Kaliba 69 (Rapper) und DJ Deagle (Produzent). Das Konzept erlaubte ihm, Songwriting und Beatproduktion klar zu trennen. Schon seine frühen Werke wie ATTNTAAT oder die Schlaftabletten, Rotwein-Reihe waren als satirische und oft bewusst überspitzte Konzeptprojekte angelegt.

Nach dem Abitur zog er nach Berlin, absolvierte eine Ausbildung zum „Mediengestalter für Bild und Ton“ und unterschrieb 2011 beim Label Trailerpark. Der Durchbruch gelang 2013 mit dem Album Triebwerke, das Platz 1 der Charts erreichte und mit Gold ausgezeichnet wurde. Die Single Willst du bekam sogar Platin-Status – ein Remix von Robin Schulz machte den Song zusätzlich international bekannt.

Es folgten weitere erfolgreiche Alben wie Musik ist keine Lösung (2015) und Schlaftabletten, Rotwein V (2018), Live-Touren in verschiedenen Formaten – von großen Hallen bis zu Akustik-Shows – sowie kreative Nebenprojekte wie das Coveralbum Fremde Zungen. Auch während der Corona-Pandemie blieb er aktiv und spielte u. a. Autokino-Konzerte.

2022 erschien Rotz & Wasser, bevor es Ende 2023 zu Spekulationen über ein Karriereende kam: Social-Media-Profile wurden geleert, Beschreibungen in die Vergangenheitsform gesetzt. Doch schon kurz darauf meldete sich Alligatoah mit neuer Musik zurück – darunter ein Feature mit Limp-Bizkit-Frontmann Fred Durst und dem Album off (2024), auf dem u. a. Bausa, Guano Apes und Tarek K.I.Z vertreten sind.


 

„Ich will gar nicht den Eindruck wecken, als wäre ich auf jedem Instrument virtuos unterwegs. Nein, ich nehme die Instrumente in die Hand und versuche, ihnen Töne zu entlocken, so lange, bis etwas rauskommt. Irgendwas kommt immer raus. Ich habe irgendwann begriffen, dass man Instrumente eigentlich nicht mit den Fingern spielt, sondern mit dem Gehör. Als ich das gemerkt habe, war es mir plötzlich möglich, jedes Instrument irgendwie ein bisschen zu spielen.“ (Planet-Interview.de [26.02.2024])



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Aktuelle Entwicklungen

  • Sein eher metallisch geprägtes Album „Off“ (2022/2023) wurde mit viel Erfolg aufgenommen – es erreichte ebenfalls Platz 1
  • 2024 folgte mit „MUSIK“ (feat. Alexander Marcus) eine stilistische Neuausrichtung weg vom Metal – ein Erfolg in Streaming und Musikvideo

Titelbild: Fotograf: Kristof Jansen, 2015

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